Private Krankenversicherung (PKV)
Ein Wechsel von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in die Private Krankenversicherung (PKV) wird meistens dann erwogen, wenn durch ein entsprechend hohes Einkommen oder eine Selbständigkeit die Beiträge zur GKV unverhältnismäßig gestiegen sind. Unverhältnismäßig zur Leistung - denn die Beiträge zur GKV hängen von der Einkommenshöhe ab, während dies in der Private Krankenversicherung (PKV) nicht der Fall ist.
Analog zum Geldbeutel kann der Umfang des Versicherungsschutzes in der PKV stark beeinflusst werden, während er und auch der Preis dafür in der GKV für alle vom Gesetzgeber bestimmt wird. Der Gesetzgeber hat in der GKV also zwei Möglichkeiten, die Kosten zu beeinflussen: er kann den Preis der Leistung erhöhen und er kann die Leistungen kürzen. Insbesondere letzteres wird in der Debatte um hohe Preissteigerungen bei der PKV im Vergleich oft übersehen. Denn in der PKV sind die Leistungen vertraglich festgeschrieben.
Bei allen Vorteilen, die die PKV bieten kann, muss ein Wechsel dennoch genau abgewogen werden und erfordert eine eingehende Betrachtung von Vor- und Nachteilen. Nur eins möchte ich gleich vorab sagen: Die Preise steigen in beiden Systemen gleichermaßen um ca. 3-5 % pro Jahr.
Unterschiede zwischen Gesetzlicher und privater Krankenversicherung
Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
sind durch das Sozialgesetzbuch V (SGB) definiert. Das Gesetz definiert im § 12 das Wirtschaftlichkeitsgebot: “Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer [= Ärzte] nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.”
Auswirkung in der Praxis:
- ob eine medizinische Behandlung erstattet wird, bestimmt nicht der Arzt oder der Patient sondern das Gesetz bzw die gesetzliche Krankenversicherung
- der Arzt kann nicht ausschließlich nach medizinischen Aspekten behandeln
- unter “ausreichend” wird in Deutschland nach dem Schulnotensystem eine weniger als durchschnittliche Leistung verstanden. Medizinisch ausreichend ist es, die jeweilige Körperfunktion so weit wieder herzustellen, wie dies unter wirtschaftlichen Aspekten sinnvoll erscheint
- verweigert die Krankenversicherung die Erstattung einer Behandlung, bleibt dem Patienten nur die Möglichkeit einer Klage vor Gericht. Die Kassen ziehen diese Prozesse bewusst in die Länge, weil sie wissen, dass die Zeit für sie arbeitet.
- gute aber ggf teure Therapien werden nicht erstattet
- neue Therapien finden nur sehr langsam den Weg ins Gesetz
- Medikamente: der Patient hat nur Anspruch auf Generika und nicht auf ggf wirkungsvollere oder von Nebenwirkungen ärmere, neuere Medikamente
Die Leistungen der Private Krankenversicherung (PKV)
sind durch den Vertrag zumeist offen und allgemein definiert und können vom Versicherer nur zum Vorteil des Kunden verändert werden. Der Kunde kann zwischen verschiedenen Leistungsstufen in der Private Krankenversicherung wählen. Aufgrund der offenen Definition der Versicherungsbedingungen sind neue Methoden bzw Medikamente inkludiert und müssen nicht mit dem Versicherer diskutiert werden. Von der Versicherung erstattet wird die medizinisch notwendige Heilbehandlung. Diese wird definiert durch den Arzt in Absprache mit dem Patienten.
Die Berechnung der Prämie in der GKV
erfolgt durch Anwendung eines Prozentsatzes (aktuell 14,6 %) auf das Bruttoeinkommen bis zu einer festgelegten maximalen Grenze. Diese heißt Beitragsbemessungsgrenze (BBG KV) und liegt 2024 bei 62.100 €. Daneben muss der Kunde bei den meisten Kassen einen Zusatzbeitrag von ca 1,6 % seines Bruttos bis zur BBG zahlen. Zusammen mit der Pflegepflichtversicherung sind so ca 19% auf das Bruttoeinkommen fällig. Das sind derzeit (2024) 1.019 € pro Monat bei einem Einkommen größer oder gleich 62.100 € im Jahr.
Die Beitragsbemessungsgrenze wird jedes Jahr leicht erhöht, so dass dieser Beitrag jedes Jahr steigt. Die Leistungen der GKV werden seit 20 Jahren jedoch auch nach unten angepasst und zusätzlich erhält die GKV jährlich 14,5 Mrd Euro Zuschuss aus Steuereinnahmen. Wer viel Steuern zahlt, zahlt also genau genommen einen noch höheren Beitrag in die GKV. Dieser Effekt ist politisch gewollt. Außergewöhnliche Belastungen wie z. B. die Auswirkung der Corona-Pandemie sind in den Preisen noch nicht berücksichtigt.
Die Berechnung der Prämie in der PKV
erfolgt durch vertragliche Vereinbarung und ist unabhängig vom Einkommen. Sie richtet sich nach Leistungsumfang des gewählten Tarifs, Alter und ggf einer gesundheitlichen Vorbelastung, die ein Kunde mitbringt.
Sie steigt, wenn dies durch Inflation, medizinischem Fortschritt und/ oder statistischer Lebenserwartung notwendig ist. Damit der Beitrag steigen darf, muss ein Treuhänder der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Zahlen der PKV prüfen.
Beitragssteigerung in Private Krankenversicherung (PKV) und GKV
Beide Systeme unterliegen den gleichen Einflussfaktoren auf den Preis: Inflation, medizinischer Fortschritt und eine alternde Bevölkerung. Während die PKV von einmal vertraglich zugesagten Leistungen nicht zurücktreten kann, kann in der GKV statt einer Beitragserhöhung immer eine Leistungskürzung erfolgen. Berücksichtigt man diesen Effekt ist der Anstieg der Beiträge in beiden Systemen etwa gleich und liegt um 4-5 % pro Jahr.
Hohe Beiträge in der PKV im Alter?
Die Private Krankenversicherung (PKV) ist per Gesetz verpflichtet für die Versicherten Rücklagen zu bilden, um deren Beiträge im Alter stabil zu halten bzw zu senken. Sie hat dafür ein Guthaben von über 260 Mrd Euro aufgebaut. In der Regel erfolgt ab Alter 60 mit Hilfe dieser Rücklagen eine Beitragsstabilisierung.
Zusätzlich hat der Kunde die Möglichkeit, bereits vorher Angebote der PKV zur Entlastung des Beitrags ab Alter 65 zu nutzen. Da er in der Regel in jungen und gesunden Jahren eine (teils erhebliche) Beitragsersparnis gegenüber der GKV realisiert, steht das Geld dafür auch zur Verfügung.
Beim Arzt als Mitglied der GKV
Der Arzt rechnet seine Leistungen mit der Krankenversicherung des Patienten nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw Zahnärzte (GOZ) ab. Darin hat jede Handlung des Arztes eine Bezeichnung, die mit einem Preis versehen ist. Bei einem “Kassenpatienten” wird dieser Preis auf der Rechnung mit dem Faktor 1,3 multipliziert.
Jeder Patient hat ein gesetzlich vorgegebenes Budget pro Quartal. Ist es aufgebraucht, obwohl weitere Behandlungen notwendig sind, darf der Arzt die Behandlungen nicht mehr abrechnen - er arbeitet ohne Bezahlung. Daher haben chronisch Kranke in der GKV am Ende des Quartal Schwierigkeiten, Termine zu erhalten.
Auf Leistungen, die vergleichsweise teuer sind wie z.B. eine Computertomographie oder planbare Operationen, müssen Kunden der GKV aus den o.g. Gründen z.T. mehr als drei Monate warten. Das ist für Krankheiten, deren Auswirkungen durch eine schnelle therapeutische Reaktion gelindert werden könnten, kontraproduktiv.
Beim Arzt als Mitglied der PKV
Auch hier rechnet der Arzt seine Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw Zahnärzte (GOZ) ab. Jedoch wird dieser Preis auf der Rechnung mit dem Faktor 2,3 bzw 3,5 oder ggf höher multipliziert. Der Arzt weiß also in dem Augenblick, in dem der Patient seine Praxis betritt, dass er mit derselben Behandlung mindestens etwa doppelt so viel verdient. Das führt dazu, dass “Privatpatienten” bei vollen Wartezimmern vorgezogen werden und außerdem immer Termine erhalten.
Dadurch stehen auch weiterführende Therapien, Untersuchungen (z.B. Computertomographie) oder planbare Operationen innerhalb von wenigen Wochen oder Tagen zur Verfügung.
Der Patient erhält die Rechnung direkt vom Arzt und geht (theoretisch) in Vorleistung. Nach Erhalt kann er die Rechnung jedoch über eine App seiner PKV zur Erstattung weiterleiten. Die Erstattung erfolgt für gewöhnlich innerhalb einer Woche. D.h. es bleiben noch ca drei Wochen, um die Rechnung des Arztes zu begleichen.
Im Krankenhaus als Mitglied der GKV
Krankenhäuser sind in Deutschland gesetzlich verpflichtet nach sogenannten Fallpauschalen abzurechnen. Diese definieren Budgets für Operationen, Therapien und Behandlungen. Treten im Einzelfall Komplikationen auf oder muss ein Patient länger liegen als vorgesehen, kann das Krankenhaus diese Zusatzkosten nicht abrechnen und macht mit dem Fall Verlust.
Um das zu vermeiden, wird der Patient “blutig” entlassen. Er wird also entlassen, obwohl er behandlungsbedürftig ist, damit die Fallpauschale abgerechnet werden kann. Einen Tag später wird er als neuer Fall wieder aufgenommen, wodurch die Fallpauschale erneut zur Verfügung steht. Selbstverständlich ist es bei vielen Patienten an dem Tag ohne medizinische Betreuung schon zu (auch tödlichen) Komplikationen gekommen.
Im Krankenhaus als Mitglied der PKV
Wenn der gewählte PKV-Tarif im Krankenhaus die unterste Leistungsstufe vorsieht, gelten für den privat Versicherten Patienten ebenfalls die gesetzlichen Fallpauschalen. Mit einem entscheidenden Unterschied: in der PKV erfolgt die Leistung immer nach dem Prinzip der medizinisch notwendige Heilbehandlung. Zusätzlich entstehende Kosten oder Komplikationen kann das Krankenhaus immer nach privatärztlichen Methoden (siehe “Beim Arzt als Mitglied der PKV”) abrechnen. Eine Entlassung des Patienten aufgrund rein ökonomischer Aspekte ist damit ausgeschlossen. Zusätzlich erfährt der Patient alle notwendigen medizinischen Maßnahmen oder Untersuchungen, die nicht in der Fallpauschale berücksichtigt sind.