Unfallversicherung – die kleine BU, die jeder haben sollte
16. Oktober 2017
In diesem Beitrag möchte ich die Unfallversicherung etwas genauer beleuchten, weil sie für kleines Geld mit den richtigen Versicherungsbedingungen erstaunliches leisten kann. Diese Absicherung ist im Verhältnis zur Leistung mit eine der preiswertesten: für nur 5-8 € pro Monat für ein Kind und 10-15 € für einen Erwachsenen bekommt man schon einen Schutz, der im Ernstfall die Lebensgrundlage der nächsten zehn Jahre leisten kann. Aber der Reihe nach.
Wann leistet eine Unfallversicherung?
Viele Menschen nehmen an, dass eine Unfallversicherung immer dann leistet, wenn ein Unfall vorliegt. Das ist nur bedingt richtig. Der Versicherungsfall ist durch zwei Dinge sehr klar umrissen:
- Die Definition des Wortes “Unfall”: Darunter wird ein plötzlich und von außen auf den Körper wirkendes Ereignis verstanden. Zwar haben die Gesellschaften diese Definition inzwischen stark erweitert, so dass z. B. gerade bei Verträgen für Kinder eine Lebensmittelvergiftung ebenfalls als Unfall zählt, obwohl die Nahrungsaufnahme ja nicht plötzlich – also unerwartet – geschieht.
- Geld gibt es aber nur, wenn ein Grad der Invalidität oberhalb von 25 % als Folge des so definierten Unfalls vorliegt. Von Invalidität spricht man, wenn man z. B. einen Arm verliert oder er durch den Unfall funktionsunfähig ist.
Wie sich jeder selbst ausrechnen kann, führen die meisten Unfälle zum Glück nicht gleichzeitig zu einer Invalidität, wodurch sich der geringe Preis erklärt. Genauso wie man die Haftpflichtversicherung nicht für die 50 € Blumenvase des Nachbarn braucht, braucht es auch keine Unfallversicherung für die Schürfwunde nach einem Sturz vom Fahrrad.
Und wozu brauche ich sie dann?
Statistik: Die meisten Unfälle passieren zu Hause bzw privat z. B. im Urlaub und damit außerhalb der Arbeitszeit. Angestellte sind über die gesetzliche Unfallversicherung während der Arbeitszeit geschützt. Eine private Unfallversicherung gilt weltweit und 24 h täglich – also auch im Urlaub in Südafrika. Jedes Jahr ist Invalidität infolge eines Unfalls zu ca.15% der Grund, weshalb Menschen berufsunfähig werden.
Das sagt sich so einfach, aber machen wir uns einmal klar, was das bedeutet: Nehmen wir an, der Unfall ist in der Freizeit passiert und es musste ein Bein oberhalb des Kniegelenks abgenommen werden.
- gesundheitlich ist dieser Mensch mindesten ein Jahr mit sich selbst beschäftigt
- seinen Beruf kann er anschließend wahrscheinlich nicht weiter ausführen, wenn dieser beispielsweise mit (gelegentlichen) Außendiensten verbunden war
- auch die private, psychische Belastung, nicht mehr voll einsatzfähig für Familie und Beruf zu sein, muss verarbeitet werden
- dazu addiert sich die finanzielle Belastung in folgendem Ablauf:
- die ersten 6 Wochen bekommt er vom Arbeitgeber seinen Lohn weiter bezahlt
- danach springt die Krankenversicherung ein. Bei der Gesetzlichen wäre hier die erste finanzielle Einbuße zu verkraften bei wahrscheinlich gleichzeitig deutlich erhöhten Kosten für die Gesundheit. Sie zahlt 70% vom letzten Netto-Gehalt.
- nehmen wir weiter an, dass die Ärzte nach ca. 6 Monaten feststellen, dass der Patient austherapiert ist, d.h. keine weitere Behandlung möglich ist, um seinen Zustand zu verbessern.
- in diesem Augenblick endet die Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung
- “leider” ist unser Beispiel-Patient jedoch nicht erwerbsunfähig und hat damit keinen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente vom Staat, die insbesondere bei Jüngeren ohnehin nicht ausreichen würde
- ohne private Unfall- oder Berufsunfähigkeitsversicherung steht jetzt der Gang zum Sozialamt an
Wie leistet die Unfallversicherung?
Die Leistung erfolgt in der Regel mit der Auszahlung einer Summe. Diese sollte bei Antragstellung so berechnet sein, dass man in jungen Jahren im oben beschriebenen Szenario eine Zeit von 5 bis 10 Jahren ohne Einkommen abdecken kann. Die viel wichtigere Frage lautet jedoch:
Wie berechnet die Versicherung die Höhe der auszuzahlenden Summe?
Denn davon hängt ab, ob das eben definierte Ziel, eine Zeit von 5 bis 10 Jahren ohne Einkommen zu überstehen, realistisch ist. Dies hängt von mehreren Faktoren ab, die zumeist auch denjenigen unbekannt sind, die bereits eine Unfallversicherung haben.
- Die Definition des Unfallbegriffs. Davon war oben schon die Rede. Je weiter er gefasst ist, desto eher tritt der Versicherungsfall überhaupt ein. Hier lohnt ein Blick ins Kleingedruckte – am besten der eines Experten.
- Die Höhe der Grundinvaliditätssumme, denn daran bemisst sich je nach Grad der Invalidität der prozentuale Anteil der ausgezahlten Summe. Angenommen die Grundsumme beträgt 100.000 € und der Grad der Invalidität wird auf 40% festgestellt, dann kommen 40.000 € zur Auszahlung. Wie unschwer vorstellbar ist, reicht dieses Geld eher für ein anstatt fünf oder gar zehn Jahre.
- Daher ist auch auf die Gliedertaxe in den Versicherungsbedingungen zu achten. Sie legt fest welches Glied des Körpers zu wie viel Prozent die Invalidität bedingt. An dieser Stelle gibt es bereits deutliche Unterschiede zwischen den Tarifen.
- Da auch die o.g. 100.000 € nicht weit reichen würden, beinhalten die meisten Tarife eine Progression – z.B. von 500%. Das bedeutet, dass bei voller Invalidität 5mal so viel ausgezahlt würde. Der Grund für die Einführung der Progression waren jedoch maßgeblich die Grade unter 100%, deren Ausgestaltung die Progressionsstaffel bestimmt. Bei sinnvoller Ausgestaltung erhält man bereits bei 50%iger Invalidität 250% der Grundsumme – also im obigen Beispiel 250.000 €. Selbstverständlich findet auch dies seinen Niederschlag in den Versicherungsbedingungen und sollte vor Vertragsschluss begutachtet werden.
Wie deutlich wird, ist die Höhe der Auszahlung abhängig vom Zusammenspiel dieser Faktoren.Dies ist der Kern einer Unfallversicherung. Daneben gibt es Zusatzleistungen, die ggf eine sinnvolle Ergänzung darstellen wie z.B. ein Unfallkrankenhaustagegeld, eine Unfall-Rente, Assistance-Leistungen, etc.
Damit es keine Missverständnisse gibt:
Der Abschluss einer Unfallversicherung per Internet ist aufgrund der oben beschriebenen Zusammenhänge nicht sinnvoll. Zum einen können Sie die beschriebenen Kriterien nur eingeschränkt vorher auswählen und selbst wenn dies möglich wäre, würden Sie immer noch nicht die Ausgestaltung erkennen können. Seien Sie misstrauisch, wenn eine 1.000%ige Progression nicht viel kostet. Wie kann der Versicherer so etwas preiswert anbieten? Ganz einfach: durch eine schlechte Gliedertaxe in Kombination mit einer sinnfreien Progressionsstaffel, die in der Hauptsache hohe Invaliditätsgrade über 50% belohnt. Das macht nur für die Versicherung Sinn, da sich die meisten festgestellten Invaliditätsgrade um 50% bewegen.
Fazit
Bei richtiger Ausgestaltung kann die Unfallversicherung im Ernstfall eine preiswerte finanzielle Entlastung sein. Geld macht bekanntlich nicht glücklich. Aber man kann sich damit Zeit kaufen, um sein Leben nach einem schweren Unfall wieder in die Reihe zu bringen. Wer sich also keine Berufsunfähigkeitsabsicherung leisten kann oder will, sollte zumindest die 15% aller Fälle absichern, aufgrund derer Menschen berufsunfähig werden.
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